Südwest Presse Beitrag 2

Das Erbe der Vorfahren

Von Körper und Geist: Vortrag und Workshop zur Familienaufstellung

Was fasziniert an Familienaufstellungen? „Dass man so viel wahrnehmen kann, das eigentlich nur systemisch erklärbar ist“, sagt die Psychotherapeutin Georgine Steininger-Scherb.

Symbolbild zur Familienaufstellung: Das Erbe der Vorfahren wirkt sich bis heute aus.

Familienaufstellungen gehen davon aus, dass Körper und Geist zwei Teile des selben Systems sind. Eine Person steht dauerhaft in Wechselwirkung mit anderen Menschen, insbesondere mit der eigenen Familie.
 
Auf dieser Grundlage führt die Ulmer Psychotherapeutin Georgine Steininger-Scherb an den Allmendinger Gesundheitstagen in die Familienaufstellung ein, die seit etwa 35 Jahren bekannt ist und in ihren Grundlagen auf Bert Hellinger zurückgeht. „Man erfährt in ganz kurzer Zeit mehr über seine Sippe und über Ereignisse aus der Vergangenheit, die in der Gegenwart und Zukunft wirken“, erklärt sie.
 
Eine Gruppe von 12 bis 18 Personen wird dabei zu einem bestimmten Thema oder Symptom in Beziehung gebracht, wobei so genannte Stellvertreter eine ihnen zugewiesene Rolle übernehmen. „Der Stellvertreter kann für eine Person aus der Vergangenheit oder Gegenwart stehen“, sagt die Psychotherapeutin, die Mitglied in der deutschen Gesellschaft für Systemaufstellung in der internationalen Arbeitsgemeinschaft für Systemaufstellung ist. Dieser Berufsverband setzt einen therapeutischen Beruf und eine zweijährige Weiterbildung in Familienaufstellung voraus.
 
Familienaufstellungen gehen davon aus, dass Körper und Seele ein interagierendes System sind. Körperliche und seelische Krankheiten werden häufig durch innere Bilder ausgelöst, die der Betroffene unbewusst von seinen Vorfahren übernommen hat. So kommen in Georgine Steininger-Scherbs Praxis Menschen, die ihren häufig gleichen Lebensmustern auf die Spur kommen wollen.
 
Denn manche Dinge wiederholen sich in einem Leben. Man hat das Gefühl, immer wieder an den gleichen Mann zu geraten oder kommt im Job immer wieder an einen bestimmten Punkt, an dem es nicht weitergeht. Mit der Mutter zankt man sich noch im hohen Alter über die immer gleichen Probleme und fühlt sich wie in einem Wiederholungsfilm. Das führt nicht weiter. Verdrängte Emotionen sind nicht verschwunden, sondern tauchen unter Umständen bei einem anderen Familienmitglied in anderer Form wieder auf. Durch schicksalhafte Ereignisse wie Tod, Fehlgeburt oder Krankheit können in Familien Störungen auftreten, die zu belastenden Verhaltensmustern führen. Über Generationen weitergegeben, verfestigen und verwischen sich diese Muster derart, dass sie nicht mehr erkannt werden.
 
„Die Familientherapie erforscht die Familiengeschichte und entschlüsselt unbewusste Kommunikation“, meint die Referentin, die auch NLP-Master (Neuro Linguistische Programmierung) ist. In einer Aufstellung werde ein Verhalten nicht gewertet, erläutert die 52-Jährige. Es gibt keine Schuldigen und keinen Ausgeschlossenen. In Familienaufstellungen dürfen schmerzliche Distanzen und unerfüllte Sehnsüchte nachgeholt werden.

Fachfrau für Familienaufstellung: Georgine Steininger- Scherb

Doch so populär die Familienaufstellungen derzeit sind, sie haben auch ihre Grenzen. Georgine Steiniger-Scherb macht zunächst eine Anamnese, um den Klienten kennen zu lernen. „Menschen mit endogenen Depressionen oder Menschen, die von inneren Bildern überflutet werden, brauchen etwas anderes“, meint die Therapeutin. Ist ein Angehöriger verstorben, „sollte man auch das Trauerjahr einhalten“.
 
Um in eine Familienaufstellung einmal hineinzuschnuppern, bietet Georgine Steininger-Scherb an, sich einmal als Stellvertreter zu beteiligen. Dazu muss man nicht mit drängenden Problemen belastet sein, sondern sich einfach auf das „System“ einlassen. Als Stellvertreter profitiere man auch von dem, was andere einbringen.
 
Eine Familienaufstellung ist eine „lösungsorientierte Kurzzeittherapie“, sagt die Therapeutin. „Lösungsorientiert“ auch in dem Sinn, dass sich der Mensch von alten Mustern lösen kann, seine eigene Identität entdeckt und nicht länger in alten Mustern verhaftet bleibt. „So wird er wieder handlungsfähig“, ist die Erfahrung von Georgine Steininger-Scherb, die seit zehn Jahren als Familienaufstellerin tätig ist.